Projekt Beschreibung

München | Ausgabe 66 | Winter 2023 | Text: Rechtsanwalt Dr. Enno Engbers, München

Am 15.09.2023 hat der Bundesgerichtshof eine wichtige Entscheidung zu den Aufklärungspflichten eines Immobilienverkäufers im Rahmen einer sogenannten Due Diligence erlassen (Az.: V ZR 77/22). Danach genügt der Verkäufer einer Immobilie nicht automatisch dadurch seiner Aufklärungspflicht, dass er Unterlagen in den sogenannten Datenraum einstellt. Vielmehr kann es im Einzelfall erforderlich sein, den Käufer zusätzlich ganz gezielt auf bestimmte Gefahren hinzuweisen.

Was ist eine Immobilien-Due-Diligence?

Vor dem Erwerb einer Immobilie ist es üblich (und jedem Kaufinteressenten dringend zu empfehlen), eine sogenannte Due-Diligence-Prüfung durchzuführen. Ziel dieser Prüfung ist es, für den Käufer mögliche rechtliche, steuerliche oder wirtschaftliche Risiken aufzudecken, die mit dem Kauf der Immobilie verbunden sein können. Hierzu werden dem Kaufinteressenten vom Verkäufer alle wesentlichen Unterlagen zu der Immobilie zur Verfügung gestellt, z.B. Grundbuchauszüge, Mietverträge, Baugenehmigungen, Umweltgutachten, Grundsteuerbescheide etc. Bei größeren Immobilientransaktionen geschieht dies in der Regel dadurch, dass der Verkäufer die objektbezogenen Unterlagen in einen sogenannten virtuellen Datenraum einstellt. Vorteil dieser Lösung ist es, dass gegebenenfalls mehrere Kaufinteressenten gleichzeitig online auf die Datencloud zugreifen können und deren genauer Inhalt zu Beweiszwecken durch den Datenraum-Anbieter dokumentiert wird.

Aufklärungspflichten des Verkäufers

Selbst wenn im Kaufvertrag die Haftung für Sach- und Rechtsmängel ausgeschlossen worden ist, haftet der Verkäufer dem Käufer für Mängel, die er dem Käufer arglistig verschwiegen hat. Der Verkäufer muss dem Käufer vor dem Kauf alle ihm bekannten Mängel offenlegen, die bei einer Besichtigung der Immobilie nicht erkennbar sind. Dasselbe gilt auch für sonstige Umstände, die für den Käufer wichtig sind und über die er redlicherweise Aufklärung erwarten darf. Da es dem Käufer seinerseits obliegt, die ihm zur Verfügung gestellten Unterlagen gewissenhaft zu prüfen, genügt der Verkäufer seiner Aufklärungspflicht grundsätzlich dadurch, dass er dem Käufer alle Unterlagen und Informationen zur Verfügung stellt, aus denen sich für diesen Risiken ergeben.

Einstellen von Unterlagen in den Datenraum nicht immer ausreichend

Allerdings hängt der Umfang der Aufklärungspflichten eines Verkäufers immer von den Umständen des Einzelfalls ab. Im vom BGH zu entscheidenden Fall hatte der Verkäufer wenige Tage vor Abschluss des Kaufvertrages kommentarlos das Protokoll einer Eigentümerversammlung in den Datenraum hochgeladen, aus dem sich das Risiko hoher Sonderumlagen für geplante Umbaumaßnahmen ergab. Über diesen für ihn ganz erheblichen Umstand konnte der Käufer gesonderte Aufklärung erwarten. Zur Erfüllung der Aufklärungspflicht war das bloße Einstellen einer Unterlage in den Datenraum, noch dazu erst kurz vor Beurkundung des Kaufvertrages, nicht ausreichend.

Fazit

Für Verkäufer bedeutet dies: Die für den Käufer relevanten Unterlagen sollten rechtzeitig vor dem Verkauf einer Immobilie zusammengestellt und dem Käufer in einem nachvollziehbar strukturierten Datenraum zur Verfügung gestellt werden. Werden Unterlagen während der Due Diligence neu in den Datenraum hochgeladen, ist der Käufer mit gesonderter Mail hierauf hinzuweisen. Dasselbe gilt für wichtige Informationen, die sich nur an versteckter Stelle oder in Dokumenten befinden, in denen man sie nicht erwarten würde. Je transparenter der Verkäufer agiert, desto geringer ist sein Risiko, später wegen Aufklärungspflichtverletzungen verklagt zu werden.

Kontakt

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