Das Werk von Hella Jongerius (*1963, Niederlande) verbindet das Traditionelle mit dem Zeitgenössischen, die neuesten Technologien mit uralten Handwerkstechniken. Ihr Ziel ist es, Produkte mit individuellem Charakter zu schaffen. Dabei bezieht sie handwerkliche Elemente in den industriellen Produktionsprozess mit ein. Jongerius sieht ihre Arbeit als Teil eines nie endenden Prozesses. Und das gilt im Wesentlichen für alle Jongeriuslab-Entwürfe: Sie vermitteln gleichzeitig, dass sie Teil von etwas Größerem sind, mit Vergangenheit und unsicherer Zukunft.
Das Unfertige, das Vorläufige, das Mögliche
Diese Eigenschaften liegen in Jongerius‘ Aufmerksamkeit für Unvollkommenheiten, Spuren des Entstehungsprozesses und das Potenzial von Materialien und Techniken. Durch diese Arbeitsweise zelebriert Jongerius nicht nur den Wert des Prozesses, sondern bindet auch den Betrachter, den Nutzer, in ihre Recherche ein.
1993 gründete Hella Jongerius nach ihrem Abschluss an der Academy of Industrial Design in Eindhoven das Studio Jongeriuslab, das heute seinen Sitz in Berlin hat. Hier entwickelt sie unabhängige Projekte ebenso wie Aufträge für Großkunden. Darunter die Möbelstofffirma Maharam, IKEA; die Innenarchitektur der Delegates’ Lounge am Hauptsitz der Vereinten Nationen in New York, die Kabinenausstattung für die Fluggesellschaft KLM und die Installation „Colour Recipe Research“ auf Einladung des Kurators Hans Ulrich Obrist für das MAK (Wien). Seit 2012 ist Jongerius Art Director für die Teppichfirma Danskina und seit 2007 Art Director für Farben und Materialien bei Vitra.
Zu den jüngsten Projekten zählen die Veröffentlichung des Buches ‘I don’t have a favorite colour’ für Vitra (2016), die Ausstellung ‘Breathing Colour’ zu ihrer Farbforschung für das Design Museum London (2017) sowie eine Ausstellung und eine begleitende Publikation „Jenseits des Neuen. On the Agency of Things“ mit Louise Schouwenberg für die Pinakothek der Moderne, Neue Sammlung München (2017).
Designerin des Jahres
Auf dem Pariser Salon du Meuble wurde sie als erste Frau überhaupt zur Designerin des Jahres gewählt (2004). Viele der Produkte von Jongerius befinden sich in den ständigen Sammlungen bedeutender Museen (wie MoMA, New York, Victoria and Albert Museum, London und Boijmans van Beuningen Museum, Rotterdam). Seit 2009 lebt und arbeitet Hella Jongerius in Berlin. Die Berliner Festspiele ehrten sie dieses Jahr mit einer großen, interaktiven Ausstellung im Martin Gropius Bau.
Die gezeigte Präsentation stand unter dem Titel „Kosmos weben“. Denn Weben hat in Hella Jongerius’ Arbeit – als eine der ältesten Kulturtechniken und gleichzeitig Grundlage für den digitalen Code – eine besondere Bedeutung. Die Ausstellung bezog Besucher*innen durch interaktive Elemente in Jongerius’ offene und prozesshafte Arbeitsweise ein. So wurde ein Rahmen dafür geschaffen, sich kritisch mit Fragen nach Produktion und Nachhaltigkeit, Gegenwart und Zukunft auseinanderzusetzen.
Hella Jongerius, „Woven Cosmos“ im Berliner Martin Gropiusbau, 2021. Foto: ©Laura Fiorio
“Through Woven Cosmos I try to understand the cultural meaning of weaving beyond materials and technique. This is also deeply linked to the challenges of our time: questions of sustainability, social responsibility and spirituality. For instance: what can be the healing function of objects?” – Hella Jongerius, 2021
Produkte, die den vollen Reichtum der Farbpalette nutzen
Sie sind essenziell für die Arbeit der Designerin, wie sie besonders auch bei der Farbgestaltung für die Vitra Möbelkollektion bewies. Produkte, die langlebig und reparierbar sind. Textilien, die alle Möglichkeiten der Haptik einsetzen. Materialien die „natürlich“ natürlich sind. Möbel, die den ökologischen „Fußabdruck“ reduzieren helfen. Künstlerisch spielerische Elemente inklusive.
Hier kommen auch ihre Wurzeln im niederländischen Droog Design Kollektiv zum Tragen, dem sie sich nach Tischlerlehre und Designstudium in Eindhoven 1993 anschloss. Und das schon damals im Kontrast zu den ultracoolen Entwürfen der Design-Ikone Philippe Starck oder der anarchischen Farb- und Formrevolution der Memphis-Gruppe um Ettore Sottsass und Matteo Thun stand.
Slow-Design statt Shit-Design
Angesichts von Klimawandel, Pandemie und anderen globalen Umwälzungen hat sie für die „übliche“ Ausrichtung von Gestaltung und Produkt-Design und dessen Vermarktung nichts übrig. Ebenso wenig für das dabei inflationär gebrachte Wort „neu“ … oder Plastik und Wegwerfgeschirr. Sie nennt das „Shit-Design“ und meint: „In meinem Beruf wird zu viel gestaltet um die Wirtschaft am Laufen zu halten. Neue Produkte kommen auf den Markt, damit sich das Rad des Kapitalismus weiterdreht. … Wir Designer haben eine Verantwortung, dass unsere Entwürfe einen Zweck erfüllen. Dass sie einen triftigen Grund haben, um produziert zu werden“. (Quelle: Rondo, Der Standard, 06.08.2021).
Sie fordert, dass der Slow-Food-Gedanke auch auf das Produkt-Design angewandt wird. Slow Design würde so bedeuten: Weniger kaufen. Nachdenken, was gekauft wird. Darauf achten, dass die Produkte langlebig und reparierbar sind. Laut Ihrer Erfahrung achten inzwischen immer mehr Firmen darauf, dass ihre Produkte diese nachhaltigen Eigenschaften erfüllen. Besonders auch in der Möbelbranche, die immer mehr Wert auf einen möglichst geringen „ökologischen Fußabdruck“ ihrer Produkte legt. Laut Jongerius ist hier (endlich) eine Revolution im Gange.
Links
Weitere Videos mit Hella Jongerius:
https://www.youtube.com/watch?v=qROeUj_3AEE
https://www.youtube.com/watch?v=8kYcbuicd_s
https://www.youtube.com/watch?v=TpwI7cdqiHU
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