Lange Zeit als Zeichen des schlechten Geschmacks verteufelt, erobert sich die Wandtapete ihren Platz im Wohnzimmer zurück. Sei es als selbstbewusster Farbtupfer inmitten von schlichtem Interior oder als starkes Statement an ungewöhnlichen Orten. Wer auf hochwertige Qualität, statt günstige Meterware setzt, greift auch gerne auf handgefertigte Tapeten zurück. Wir haben ein wenig zur Geschichte der Wandtapete recherchiert und einige herausragende Tapetenmanufakturen entdeckt, die dieses wunderschöne Einrichtungselement in die heutige Zeit gerettet und neu interpretiert haben.
Wer erinnert sich noch an die handbedruckten Wände im Stiegenhaus bei der Großmutter? Während Wandverzierungen aller Art – beispielsweise in Form von teuren Stofftapeten oder aufwändigen Malereien – in wohlhabenden Haushalten und Adelsanwesen schon seit Jahrhunderten Gang und Gebe waren, setzte sich der Trend zur Wandverschönerung in der breiten Masse erst mit neuen Erfindungen durch.
Kleine Geschichte der Wandtapete
Spezielle Gummiwalzen mit Ornamenten lieferten ab dem Ende des 19. Jahrhunderts die gewünschte Behübschung in den eigenen vier Wänden. Bis in die 1970er Jahre erfreute sich die Wandgestaltung mit den sogenannten Musterwalzen großer Beliebtheit. Bis sie radikal von einem neuen Trend – im wahrsten Sinne des Wortes – abgelöst und überklebt wurde: Die Papiertapete wurde nach dem Zweiten Weltkrieg zum Massenprodukt und für alle erschwinglich. Nun wurde im großen Stil beklebt und bemustert. Je wilder und bunter die Muster, desto besser. Und beklebt wurde buchstäblich alles: Regalböden, Kästen und natürlich die Wohnzimmerwand.
Das Ende der Wandtapete in den 1990er Jahren
Es mussten erst die mit mehr Minimalismus angehauchten 1990er Jahren kommen, die diesem Trend nun wiederum ein jähes Ende bereiteten. Eine ganze Generation war bemüht, die vermeintlichen Sünden der Eltern mit viel Geduld und weißer Wandfarbe zu rächen. Purismus, skandinavisches Design und neue Klassik waren die Stichworte unter denen sich die neue Inneneinrichtung in den deutschen und österreichischen Haushalten zusammenfassen lässt.
Großes Revival der Wandtapete
Es liegt in der Natur des Trends, dass der eine kommt und der andere geht. So ist es auch mit der Wandtapete. Seit gut zehn Jahren feiert diese ein beispielloses Comeback. Weniger vollflächig und radikal, sondern mehr als gekonnt gesetzter Blickfang und erweitertes Interior. Dabei findet sie sich sowohl im Wohnzimmer wie auch – dank verbesserten Materialien und total trendy – im Badezimmer wieder. Besonders schön sind hier natürlich handgefertigten Unikate, die perfekt auf den Raum oder Kundenwunsch abgestimmt werden können. In liebevoller Handarbeit und oft mit aufwändigem Design werden so richtige Gemälde für die Wände geschaffen. Für die beliebten realistischen oder spezielle grafische Darstellungen darf auch auf moderne Drucktechniken zurück gegriffen werden. Wir haben einige dieser besonderen und traditionsreichen Tapetenmanufakturen recherchiert.
Fünf exklusive Tapetenhersteller in Europa
1. Marburger Tapetenfabrik – Tradition und Innovation
Wenn die Schlagworte Tradition und Innovation auf eine Manufaktur passen, dann auf die Marburger Tapetenfabrik. Seit 175 Jahren werden hier Wandtapeten aller Art entworfen und erarbeitet. Das macht den Betrieb nicht nur zu einem der ältesten seiner Zunft, sondern auch zum kreativen Qualitätsführer der Branche. Produziert wird ausschließlich in Hessen und somit sind alle Tapeten „Made in Germany“.
2. Cole & Son – Wandtapeten in englischer Tradition
Die in England beheimatete Firma Cole & Son kreiert seit 1875 originelle und außergewöhnliche Wandbekleidungen und lieferte schon für viele historische Häuser wie auch den Buckingham Palace kunstvolle Wandbekleidungen. Der Gründer John Perry erfand eine Technik, mit der er Papier wie Seide schimmern ließ und leistete so einen wichtigen Beitrag zur Weiterentwicklung der Tapetenindustrie. Heute greifen die hauseigenen Künstler nicht nur auf das umfangreiche Archiv von Cole & Son zurück, sondern arbeiten für ihre einzigartigen Entwürfe auch mit internationalen Designerhäusern wie dem italienischen Atelier Fornasetti zusammen.
3. Sandberg Wallpaper – Die Tapete mit dem skandinavischen Touch
Gegründet als kleines Familienunternehmen entwirft Sandberg Wallpaper wunderschöne, handgefertigte Tapeten seit den 1920er Jahren. Der Unterschied liegt wie immer im Detail. Für jedes fertige Stück werden zuvor zahlreiche Skizzen angefertigt und Ideen besprochen. So erzählt auch heute noch jede einzelne Wandtapete seine besondere Geschichte. Die Farben und Muster sind so vielfältige wie die Interior-Träume jedes einzelnen. Von klassisch oder verspielt bis hin zum beliebten Scandinavian Design.
4. Welter – Meisterhafte deutsche Wandunikate
Erst 30 Jahre jung und schon legendär. Ulrich Welter und seine Manufaktur in Berlin schaffen hochwertige Tapeten und wirklich einzigartige Wandverkleidungen. Neben den hauseigenen Kollektionen, die bereits ein großes Spektrum der Gestaltungsmöglichkeiten zeigen, werden individuelle Lösungen für und mit anderen Unternehmen erarbeitet. Welter produzierte seine handgefertigten Tapeten schon für Chanel, Meissen oder das Hotel Adlon Berlin und das Hotel Dolder in Zürich. Die Arbeitsweise in der Manufaktur gestattet es, auf jeden Sonderwunsch einzugehen. Hier können beliebige Muster und Farben, auch in kleinen Mengen produziert werden. Selbst die ausgefallensten Ideen werden so realisiert. Dabei erfüllen die Unikate immer zwei Ansprüche. Sie sind sowohl handwerklich perfekt als auch künstlerisch anspruchsvoll.
5. Affabre Manufaktum – Design Made in Vienna
Mit AFFABRE Manufaktum haben sich die beiden Gründungsmitglieder Petra und Wolfgang Kosak vor zwei Jahren einen Traum erfüllt. Das Designer-Duo machte Wien wieder zum Mittelpunkt seiner Kreativität und entwirft individuelle Tapeten und besondere Wall-Stories. Entsprechend aufwändig sind die faszinierenden Wandschönheiten in der Herstellung. So stammen die Vorlagen für die Pflanzen und Tiere teils aus dem hauseigenen Archiv und teils sind es Fundstücke von Flohmärkten und Antiquariaten. Die einzelnen Elemente – in manchen Fällen bis zu 500 Stück – werden in Repro-Qualität gescannt, am Computer zusammengesetzt und digital bearbeitet und bemalt. „Der Prozess funktioniert ähnlich wie bei einem Gemälde“, erklärt Petra Kosak, die die künstlerische Leitung bei AFFABRE Manufaktum überhat. Entsprechend aufregend und besonders ist das individuelle Endergebnis.
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