Roma e Toska steht nicht nur für Geschichten, sondern auch für ausgefallene Materialien, herrliche Woll-Bouclés, bestickte Tülle, fließende Seide sowie die Motive, die exklusiv für Roma e Toska in Oberitalien gedruckt werden. Dazu gehören zahlreiche Details, die den Gesamtentwurf jeder einzelnen Edition einen roten Faden geben. Streifzug im Gespräch mit der Designerin und Kunsthistorikerin Birgit Gräfin Tyszkiewicz.
Streifzug: Wie kommt eine promovierte Kunsthistorikerin und Filmproduzentin dazu, plötzlich Fashion-Kollektionen zu entwerfen? Was war die Initialzündung für Ihre Erfolgsgeschichte mit Roma e Toska?
Birgit Gräfin Tyszkiewicz: Ich war vierzig, verheiratet, mit zwei kleinen Kindern, einem Herrenhaus vor den Toren Hamburgs, eigener Filmproduktion und dem Gefühl, dass es darüber hinaus noch etwas anderes gibt, das auf mich wartet. Wir brauchten für eine TV-Serie Kostüme, die ich selbst entwerfen wollte. Und so kaufte ich eine Nähmaschine und testete mich an einer zerlegten Jeanshose meiner siebenjährigen Tochter Roma. Ungeduldig saß sie daneben, während ich aus dem Teil einen langen Rock mit Tigerfell-Stoff nähte. Sie trug ihn fortan jeden Tag und sogar auch nachts. Toska (4 Jahre) erhielt ein Kleidchen, dann die Püppi passend dazu. Ich nähte von abends bis in die frühen Morgenstunden, wie im Rausch, Monat für Monat. Die Schränke der Mädchen füllten sich, dann wurden die Freundinnen eingekleidet. Kurz darauf gründete ich im November 2001 das Label Roma e Toska, benannt nach unseren Töchtern, wie sonst!
Streifzug: Eine Zeitschrift schrieb darüber ja schon eine erste Story: „Mutti näht!“ hieß damals die despektierlich-chauvinistische Überschrift …
Birgit Gräfin Tyszkiewicz: So kann man es natürlich auch nennen. Ich war enttäuscht, es ging um etwas anderes: Wie erfinde ich mich neu in der Mitte des Lebens? Wie fange ich ein, was die Kinder mir an Fantasie vorlebten? Ich beobachtete ihr Spiel und nähte dafür aus edlen Tüllstoffen, Seide, Samt und Bordüren die Kleider dafür. Es entstanden erste kleine Kollektionen: „Die Freiheit auf den Barrikaden“, „Rosengärten“, „Wüstensand“ … „Into the Woods“.
Streifzug: Hätten Sie gedacht, dass Ihre Vision so schnell erfolgreich sein würde?
Birgit Gräfin Tyszkiewicz: Niemand wartete auf eine weitere Girls-Fashion-Brand, trotzdem sprang ich auf dieses Karussell auf und fand schnell Kunden rund um die Welt: Harrods in London, Harvey Nichols, Gum und Tsum in Moskau, ein vergoldetes Luxuskaufhaus in Aserbaidschan, San Diego, Kuwait, Bahrain, Zürich und Wien. Ständig war ich auf Reisen, wenn möglich nahm ich eine der beiden Töchter mit. „Hier ist jemand mit einer Vision“, sagte einmal eine Journalistin. Stimmt, und das gilt bis heute.
Streifzug: Was ist das Besondere an Ihrer Fashion-Vision?
Birgit Gräfin Tyszkiewicz: Ich erzähle Geschichten mit Stoffen, die ich selbst entwickle, mit Farben und Mustern, mit Silhouetten und ganzen Kollektionen. Erst waren es kleine Erzählungen, dann mit dem Wechsel 2014 zur Women’s Fashion wurden daraus Trend-Reports. Ich wollte in die Zeit hinein-horchen, mit den Mitteln der Mode zusammenfassen, was uns als Gesellschaft bewegt. Nachhaltigkeit, Klimawandel, Mangel an Individualität, der Mut, man selbst zu sein, mit Träumen die Welt erklären. Jede Saison erhielt ein Thema: „Journey to the Moon“, „Eisbären im Sommer“, „Waterscape“, „Jean de La Fontaine“ mit seinen Fabeln, „Kopernikus“, weil er das Universum neu dachte, „Ruwenzori“, das Mystische der Natur… Seitdem kommuniziere ich mit Mode an meinen beiden Standorten in Hamburg und in Kampen auf Sylt sowie online mit Shop und einem Blog, in dem ich täglich schreibe, was mich umtreibt.
Streifzug: Welche Bedeutung hat Mode für Sie?
Birgit Gräfin Tyszkiewicz: Mode ist viel mehr als das, was an der Stange hängt. Es ist ein Kulturgut. Man erkennt an Mode eine Haltung zum Leben und wie es uns geht, als Individuum und als Gesellschaft.
Streifzug: Was macht die Arbeit an Roma e Toska für Sie so erfüllend?
Birgit Gräfin Tyszkiewicz: Zu meiner kreativen Arbeit gehört ein Team. Wir verstehen uns und führen gemeinsam fort, was ich angedacht und entworfen habe. Die Stoffe kommen aus den exklusiven Manufakturen in Europa, die Konfektion wird im Erzgebirge gefertigt. Roma e Toska lebt in einem Austausch mit den vielen Kundinnen, die sich mit der Marke identifizieren und sie zu einem Teil von sich selbst gemacht haben, ein schönes Gefühl für mich als Designerin. Was vor über 20 Jahren begann, hat mir eine Welt eröffnet, die schier endlos ist. Und so geht es weiter für den Herbst-Winter 2022/23 mit Motiven von Alexander von Humboldt, „Muscheln fühlen“. Dahinter steht die Sehnsucht nach einer Verbundenheit mit all dem, was uns umgibt. Nur dann können wir leben und Verantwortung übernehmen in einer Zeit, die von Unsicherheit und Ängsten bestimmt wird. Fashion is all!
Streifzug: Herzlichen Dank für das interessante Gespräch!
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