Projekt Beschreibung

31.10.2019

Wetten, dass jeder von uns schon einmal einen der berühmten Stühle oder Freischwinger im wahrsten Sinne des Wortes “be-sessen” hat? Thonet ist eine Erfolgsgeschichte, die im Interior Design ihresgleichen sucht. Zum einen geschätzt als klassischer Kaffeehausstuhl mit Geschichte und Patina. Zum anderen geliebt und begehrt als Design-Ikone mit Sammlerwert. Für die Gegenwart gilt: Thonet ist zeitlos. Und deshalb ist Thonet auch zum 200-jährigen Jubiläum immer noch topaktuell, formschön und stylisch wie eh und je.

Von Boppard nach Wien. Vom Kaffeehaus in die Welt.

Die Geschichte des Unternehmens Thonet beginnt mit dem Kunst- und Bautischler Michael Thonet. Er eröffnet 1819 seine erste Werkstatt in Boppard (Deutschland). Mit seinen zierlichen Stühlen und neuartigen Techniken der Holzverarbeitung hat Michael Thonet schnell Erfolg.

Als der österreichische Staatskanzler Klemens Fürst von Metternich auf Thonet und seine Möbel aufmerksam wird, überzeugt er ihn nach Wien zu übersiedeln. So kann Thonet an der Innenausstattung des Palais Liechtenstein mitwirken. Außerdem kann er hier ein Netzwerk knüpfen, das ihm im Heimatort nicht zur Verfügung stand.

Thonet-Stühle sind vielseitig und beliebig kombinierbar

Thonet-Stühle sind vielseitig und beliebig kombinierbar. Fotocredit: Thonet GmbH

Thonet und der Wiener Kaffeehausstuhl

Wer heute an Thonet denkt, kommt an dem klassischen Wiener Kaffeehausstuhl nicht vorbei. Und tatsächlich verhilft genau dieser dem Tischler Mitte des 19. Jahrhunderts in Wien zu seinen ersten großen Erfolgen. Einer der ersten Aufträge des noch jungen Unternehmens ist die Möblierung des Café Daum am Kohlmarkt mit dem Stuhl Nr. 4. Dank dieser hauptsächlich von Aristokraten und Militär frequentierten Wiener Institution werden die Thonet-Möbel von 1850 an in der ganzen Stadt bekannt. Andere berühmte Kaffeehäuser wie das Café Griensteidl folgen dem neuen Trend.

Von Paris bis Bergen und Wien: Der Thonet Nr. 14 bzw. 214 ist bis heute der Klassiker unter den Kaffeehausstühlen.

Von Paris bis Bergen und Wien: Der Thonet Nr. 14 bzw. 214 ist bis heute der Klassiker unter den Kaffeehausstühlen. Im Bild: Café in Paris. Fotocredit: Thonet GmbH

Der internationale Durchbruch von Thonet

1858 gelingt Michael Thonet mit dem berühmten Stuhl Nr. 14 auch der internationale Durchbruch. Dank gebogenem, massivem Buchenholz kann dabei erstmals ein Stuhl industriell hergestellt werden. Sechs Bauteile, zehn Schrauben und zwei Muttern: Auf diese Formel lässt sich der Entwurf des Thonet-Kaffeehausstuhls Nr. 14 (heute 214) reduzieren. Mehr braucht es für Michael Thonet nicht, um eines der gelungensten Industrieprodukte überhaupt und einen Klassiker der Designgeschichte zu erschaffen.

Herstellung eines klassichen Thonet-Stuhls. Gebogenes Buchenholz und echte Handarbeit bis heute. Fotocredit: Thonet GmbH

Er zeigt mit dieser Ikone des modernen Möbeldesigns beispielhaft, was die viel zitierte „Reduktion auf das Wesentliche“ tatsächlich bedeutet. Und er schafft mit ihr gleichzeitig die Grundlage für eine massenhafte Serienfertigung. In die Einzelteile zerlegt, passen damals 36 Thonet-Stühle in eine Seekiste. So können sie in alle Welt verkauft und verschifft werden. Bis heute wurden mehr als 50 Millionen Exemplare von dem Thonet-Klassiker verkauft.

Den klassischen Thonet-Kaffeehausstuhl gibt es bis heute in zahlreichen Variationen.

Den klassischen Thonet-Kaffeehausstuhl gibt es bis heute in zahlreichen Variationen. Fotocredit: Thonet GmbH

Thonet-Möbel aus Stahlrohr

Siebzig Jahre nach der Entwicklung des Stuhls Nr. 14 kreiert Marcel Breuer seine ersten Einrichtungsgegenstände aus Stahlrohr. Ab 1930 fertigt Thonet Breuers Entwürfe. Es entstehen die heutigen Stahlrohr-Klassiker S 32 und S 64. Sie sind wichtige Bindeglieder zwischen der traditionellen Bugholz- und der modernem Stahlrohrtechnik. Ihr Wiener Geflecht erinnert an überliefertes Handwerk, ihre raumprägende Gestalt mit der Funktion des von Mart Stam initiierten Freischwingers weist bereits weit in die Zukunft.

In den 1930er Jahren ist Thonet der weltweit größte Produzent der damals revolutionären Möbel. Bekannte Architekten der Avantgarde speziell des Bauhauses – u.a. Marcel Breuer, Mart Stam, Ludwig Mies van der Rohe, Le Corbusier oder Charlotte Pérriand – liefern die Entwürfe dafür. Gefertigt werden sie im Werk Frankenberg/Eder, das seit Ende des Zweiten Weltkriegs auch der Stammsitz des Unternehmens ist.

Freischwinger mit Stahlrohr: Der S 64 von Thonet.

Freischwinger mit Stahlrohr: Der S 64 von Thonet. Fotocredit: Thonet GmbH

Thonet nach dem Zweiten Weltkrieg

Nach dem Zweiten Weltkrieg beginnt auch für Thonet die Zeit des Wiederaufbaus. Die Verkaufsniederlassung am Wiener Stephansplatz ist zerstört. Die Werke in Osteuropa sind durch Enteignung verloren. In den Jahren 1945 bis 1953 baut Georg Thonet, Urenkel des Firmengründers, das ebenfalls zerstörte Werk im nordhessischen Frankenberg wieder auf. Mit neuen, zeitgemäßen Produkten kommt jedoch der wirtschaftliche Erfolg bald zurück. Zumal Thonet ab den 1960er Jahren wieder die Zusammenarbeit mit berühmten Kreativen intensiviert.

Thonet heute: Klassische Formen neu interpretiert. Bilder aus den Thonet Showrooms und Pop-Up-Stores. Fotocredit: Thonet GmbH

Die Thonet-Stahlrohrkollektion

Bis heute entwickelt Thonet seine Kollektion ständig weiter. Immer wieder werden Materialien, Oberflächen oder Farben neu interpretiert. Gestalter, die diese behutsame Aktualisierung vornehmen – wie jüngst etwa das Studio Besau Marguerre aus Hamburg – setzen sich intensiv mit den Originalentwürfen auseinander und überarbeiten sie mit der nötigen Sensibilität.

Die Thonet Limited Edition S 533 von Studio Besau-Marguerre.

Die Thonet Limited Edition S 533 von Studio Besau-Marguerre. Fotocredit: Thonet GmbH

Deshalb sind die heute erhältlichen Thonet-Modelle lebendige Bestandteile einer dynamischen Kollektion – für den Alltagsgebrauch konzipiert und immer wieder neu verfeinert. Im Laufe der letzten Jahrzehnte entwarfen international bekannte Architekten und Designer wie Stefan Diez, Lord Norman Foster, Alfredo Häberli, James Irvine, Naoto Fukasawa, Piero Lissoni, Glen Oliver Löw, Christophe Marchand, Lepper, Schmidt, Sommerlade, Sebastian Herkner oder Hadi Teherani Modelle für Thonet.

Outdoor-Möbel von Thonet: Die aktuelle All Seasons Serie. Fotocredit: Thonet GmbH

200 Jahre Thonet Sonderedition

Aus Anlass des 200-jährigen Firmenjubiläums haben Eva Marguerre und Marcel Besau eine besondere Ausführung des berühmten Thonet Kaffeehausstuhl 214 kreiert. Nur im Jahr 2019 ist diese Ikone in vier zeitgenössischen Two-Tone Farbstellungen verfügbar: in Schwarz, Weiß, Samtrot und Salbei. Die Jubiläumsedition des 214 ist ganz klassisch aus Buchenholz gefertigt. Die Sitzfläche ist mit Rohrgeflecht bespannt erhältlich.

Nuancen rücken das Wesentliche in den Blick. Frei nach Charles und Ray Eames’ „The details are not the details, they make the product“ macht ihr Farbenspiel die Konstruktion des Stuhls sichtbar. „Das Ikonenhafte des Stuhls wird betont“, so Eva Marguerre und Marcel Besau.

214 ANNIVERSARY EDITION THONET. VON STUDIO BESAU-MARGUERRE

Thonet in Sammlungen, Events und Ausstellungen

Thonet-Möbel sind heute weltweit in den wichtigsten Sammlungen vertreten. Zum Beispiel im Museum of Modern Art (MoMA) in New York, im Centre Pompidou und im Musée d’Orsay in Paris, im Vitra Design Museum in Weil am Rhein, in der Pinakothek der Moderne in München, im Museum für Angewandte Kunst in Wien, im British Museum und im Victoria and Albert Museum in London sowie in vielen weiteren nationalen und internationalen Museen für Angewandte Kunst. Auf Auktionen erzielen historische Thonet- Möbel Höchstpreise.

Das Museum Thonet befindet sich am Hauptstandort des Unternehmens in Frankenberg/Eder. Seine Existenz verdankt es der Sammlerleidenschaft Georg Thonets: Der Urenkel des Firmengründers Michael Thonet trug einen reichen Schatz an historischen Exponaten zusammen und machte sie dort im Jahr 1989 einem breiten Publikum zugänglich. Auf einer Gesamtfläche von über 700 m2 werden zeigt Thonet frühe Bugholzmöbel, Jugendstilmöbel, Stahlrohrmöbel der Bauhaus-Zeit und Möbel der Nachkriegszeit. Weitere Informationen: Thonet Museum

Die Münchner Pinakothek der Moderne zeigt in der Neuen Sammlung –The Design Museum in der Barer Straße 40 bis 02. Februar 2020 die Ausstellung „Thonet und Design“. Anlässlich des 200-jährigen Bestehens des Unternehmens Thonet wurde dazu der Münchner Produktdesigner Steffen Kehrle eingeladen, in einer Neuinszenierung eine Ausstellung von Thonetmöbeln zu entwickeln. Mit rund 400 Objekten besitzt die Neue Sammlung eine der weltweit größten und bedeutendsten Sammlungen von Thonetmöbeln, die damit nicht nur die Entwicklung von Sitzmöbeln spiegeln, sondern vor allem auch ein wichtiges Kapitel europäischer Unternehmensgeschichte repräsentieren. Weitere Informationen Münchner Pinakothek der Moderne

Save the Date: Terrassensaal im Haus der Kunst München: Am Freitag, dem 8. November 2019 wird im Terrassensaal im Haus der Kunst, München, eine Ausstellung zum 200. Bestehen der Firma Thonet präsentiert. Gezeigt werden Arbeiten von 19 Künstlern, die für das Jubiläum von Thonet und die Ausstellung entstanden sind. Die Künstler setzen sich in sehr unterschiedlicher Weise mit dem Mythos Thonet, seiner Formensprache und Wirkungsgeschichte auseinander. Ebenso in der Ausstellung: Entwürfe von drei Designern, die Thonet-Klassiker abwandeln und formal wie produktions-und vertriebstechnisch in die Gegenwart transportieren. Weitere Informationen: Haus der Kunst München

Nach der Präsentation im Haus der Kunst wird die Ausstellung ab dem 12. November bis Ende Januar 2020 in den Galerieräumen von Schellmann Art+Furniture in der Ainmillerstraße 25 zu sehen sein.

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