Yachting | 2025
Taucht man in die Geschichte des Yacht-Designs ein, existieren nur sehr wenige Büros, die seit Jahrzehnten Bestand haben. Zuccon International ist solch ein Name, der unter Yacht-Aficionados und Branchenkennern eine extrem hohe Reputation genießt.
Das Designstudio wurde 1972 in Rom von dem frischgebackenen Architekten Giovanni Zuccon zusammen mit seiner Frau und Kollegin Paola Galeazzi gegründet. Von Beginn an zeichnete sich das Studio durch eine äußerst vielseitige Tätigkeit aus und setzte auf Projekte in verschiedenen Designbereichen. Die Gründer hatten eine klare Designphilosophie, die auf der engen Verbindung von Funktionalität, Nachhaltigkeit und Ästhetik basierte. Ihr Ziel war es, Räume zu schaffen, die sowohl praktisch als auch elegant sind. Diese Philosophie durchzieht das gesamte Werk des Unternehmens und hat wesentlich zu seinem Erfolg beigetragen.

Namhafte Partner
Der Durchbruch in der Yachtbranche kam 1976, als das Studio den Pitch der damals noch sehr aktiven Posillipo-Werft für eine 18-Meter-Yacht aus Fiberglas gewann. Dies war der Beginn einer erfolgreichen Zusammenarbeit mit der neapolitanischen Werft, die zur Gestaltung von insgesamt 17 Yachten führte. Im Anschluss entwarf Zuccon für Baglietto zwei Patrouillenboote von 23 und 16 Metern Länge (1985 und 1986) sowie die berühmte 46-Meter-Yacht „Al Fahed“ im Jahr 1986, bevor er vier Jahre später eine wegweisende Kooperation mit der Ferretti-Gruppe einging, einem damals wie heute führenden italienischen Werften-Konglomerat. Für die Ferretti-Gruppe entwarf Zuccon mehr als 40 Yachten; besonders die Zusammenarbeit mit Custom Line prägte das Portfolio von Zuccon International Project. Das Studio zeichnete zahlreiche Modelle, darunter die Navetta 26, die CL100, die CL 112 Next bis zur fast 39 Meter langen CL124.

Paradebeispiel für modernes Yachtdesign: Die Sanlorenzo 120 öffnet sich im Heck an drei Seiten, große Lounge-Bereiche laden zum Relaxen ein.
Noch größer wurde es „ferrettiintern“ dann bei der CRN-Werft in Ancona: Zu Zuccons herausragenden Projekten zählen etwa die 54-Meter-Yachten „Maraya“ und „Ability“, die 60-Meter-Yacht „Givi“ und die 57-Meter-Yacht „Romance“. Das Studio entwarf auch die 80 Meter lange „Chopi Chopi“ – die größte jemals von Zuccon gestaltete Yacht, die 2013 vom Stapel lief. Diese enge Zusammenarbeit dauerte bis 2016 und führte zur Umsetzung weiterer spektakulärer Formate, wie der „Superconero“ und der CRN 74m.
Führen das Studio ihrer Eltern fort: Bernardo Zuccon ist für das Exterior-Styling verantwortlich, Martina Zuccon kümmert sich um das Interior.
Über seine Philosophie sagte Zuccon einmal: „Im Grunde genommen sollte eine Yacht immer eine Yacht bleiben. Sie sollte niemals wie ein Haus, ein Wolkenkratzer oder ein Auto aussehen. Sie sollte nichts imitieren, nachahmen, simulieren und nachäffen. Ich halte es für undenkbar, Lösungen aus einer anderen Umgebung pauschal auf ein Boot zu übertragen, wie es heutzutage üblich ist.“

Aufbruch in eine neue Ära
Wie in vielen familiengeführten Unternehmen stellte sich natürlich auch bei Zuccon International irgendwann die Frage, wie man den Fortbestand des Studios sichern würde. Und so traten bereits 2004 Zuccons Kinder Bernardo und Martina offiziell in die Firma ein und übernahmen nach und nach deren Leitung. Ihr gestalterisches Wirken begann mit der Neugestaltung der Modellreihen der Ferretti-Gruppe. Sie entwickelten unter anderem die neuen Custom-Line-Modelle Navetta 37, 33 und 42 sowie die Ferretti-Yachten 850, 700, 780, 450 und 920.
Parallel dazu arbeiteten sie mit Perini Navi an einer Serie von Superyachten zwischen 55 und 75 Metern Länge und entwarfen einen Custom-Tender für die 85-Meter-Superyacht „Solandge“.

Eine besonders erfolgreiche Partnerschaft entstand unter Bernardos und Martinas Regie mit der Sanlorenzo-Werft, die inzwischen an der Börse notiert ist und zu den größten Playern der globalen Yachtindustrie gehört. Das markanteste Ergebnis dieser Zusammenarbeit war die SL102 Asymmetric, ein innovativer Entwurf, der durch seine asymmetrische Gestaltung neue Maßstäbe setzte. Weitere Modelle aus dieser Partnerschaft sind die SL96A, SD 96, SD 118 und die SX76. Für die Steel-Linie, also die großen Sanlorenzos aus Stahl und Aluminium, wurden Modelle wie die 44 X-Space, die 57 Steel und die 73 Steel entwickelt. Auch für die Marke Bluegame, die zu Sanlorenzo gehört, hat Zuccon International Project zahlreiche Modelle gestaltet, darunter die BG42, BG62 und BG72. Aktuell arbeitet das Studio an einer neuen Multihull-Serie für Bluegame, deren erstes Modell, die BGM75, im Sommer 2023 zu Wasser gelassen wurde.

Interessantes Konzept: Bei Bluegame-Yachten lösen sich klassische Yacht-Layouts auf. Das Exterior-Design wirkt maskulin.
Eine fantastische Synergie
Wie eng und gut die Zuccon-Geschwister für diese zahlreichen Projekte zusammenarbeiten, zeigt ein Statement von Bernardo Zuccon: „Diese Firma wurde auf dem Prinzip des perfekten Gleichgewichts zwischen unserer Mutter und unserem Vater aufgebaut. Mein Vater tendiert in die gleiche Richtung wie ich, er bevorzugt das Konzept des Megaprojekts, der Kreation und der stilistischen Definition. Mein Vater ist sehr gut darin, die Geschichte eines Projekts zu erzählen, das dann weiterentwickelt wird, während meine Mutter die Idee in etwas Konkretes verwandelt hat. Genau das passiert auch zwischen mir und Martina. Ohne meine Schwester könnte ich diesen Job heute nicht machen. Ich glaube, dass diese Synergie genau so ist wie die Synergie, die zwischen unseren Eltern bestand.“
Wie ihre Eltern arbeiten auch Bernardo und Martina Zuccon nicht nur im Yachting-Segment. Zusammen mit Dedar wurde eine Stoff-Kollektion entworfen, mit Poltrona Frau ein Sofa. Und dass die Kinder sich längst emanzipiert haben, wurde kürzlich mehr als deutlich: Für die Sanlorenzo SP 110 erhielten sie den Compasso D’Oro 2024, den ältesten und bedeutendsten Preis für Industriedesign auf internationaler Ebene.