Salzburg | Ausgabe 10 | Sommer 2025 | Text: Hansi Eder, Sommelier & Gastgeber Bootshaus am Traunsee
Hansi Eder, Diplom-Sommelier aus dem Bootshaus am Traunsee, nimmt uns wieder mit in seine Welt der Weine. Dieses Mal stellt er ein Weingut vor, das mitunter die herausragende Qualität des deutschen Weins auf ein neues Level hebt.
Heute sind wir in Deutschland. Genauer gesagt in Gimmeldingen in der Pfalz. Sanft rollende Hügel, nahezu vollständig mit unser aller Lieblingspflanze bedeckt – dem Wein. Wenn man davon spricht, dass sich der deutsche Wein in den letzten Jahren neu erfunden hat, dann ist das Weingut Christmann eine der treibenden Kräfte dahinter.

Johann Eder, Restaurantleitung und Sommelier Bootshaus am Traunsee
Herausforderungen & Zusammenhalt
1798: Wechselvolle Zeiten für die Gegend, man gehört jetzt zu Frankreich. Aber nicht nur Schwierigkeiten, sondern auch Chancen gehen aus diesem Wechsel hervor. So sah das damals auch der 23-jährige Georg Köhler, der Land seiner Vorfahren erwarb und damit begann, Weinberge zu bewirtschaften und Wein zu machen. Sein Sohn Philipp vergrößerte das Weingut schließlich beträchtlich. Es folgt eine wechselvolle, generationenübergreifende Geschichte. Heute führen Vater Steffen und Tochter Sophie das Weingut Christmann. Doch dieser Weg war nicht von Anfang an klar, denn Steffen studierte zuerst noch Jus. Dann packte ihn aber doch die Freude am Weinberg. Er übernimmt das Weingut seiner Familie und beginnt sich mit Biodynamie, Lagencharakter und Tradition auseinanderzusetzen. Sophie ist nun die achte Generation am Weingut und teilt die Leidenschaft ihres Vaters. Ein echter Familienbetrieb halt.

In kleinen Kisten warten die Trauben darauf, gepresst zu werden.
Warum Wein, Sophie?
„Wenige Produkte haben eine so kurze Wertschöpfungskette wie der Wein.“ Klingt wie ein klar definiertes Wording einer Marketingagentur, ist hier aber gelebte Realität. Man pflanzt den Stock selbst, kümmert sich das ganze Jahr über darum, erntet die Trauben, im Keller die Balance zwischen Eingriff und „Nichtstun“ – gelebtes Laissez-faire also. Füllen, und dann mit dem eigenen Wein zu den Kollegen, Händlern, Sommeliers fahren, um zu zeigen, was man übers Jahr gemacht hat. Kurze Pause und alles fängt von vorne an. Ganz schön viel zu tun. Wenn man dann doch größer werden möchte (was das Ziel vieler Weingüter ist), geht jedoch oftmals etwas verloren.

Bis in die Tiefe verbessern
Bei den Christmanns geht es nicht um Erweiterung, sondern um Schärfung. Weingutsverkleinerung, mehr Aufmerksamkeit für jeden einzelnen Stock. An erster Stelle steht die Lage, an zweiter und dritter auch. Man muss schon ein bisschen verrückt sein, um – wie die beiden – die kleinsten Stellschrauben zu suchen, damit sich das Pfälzer Terroir noch präziser im Wein zeigt. Die Weine werden dadurch immer noch ein bisschen klarer, feiner, herkunftsbezogener. Hier entsteht Riesling auf Weltklasse-Niveau, schon seit Jahren. Der Pinot pfeift aus allen Rohren, hier hat Sophie viel mitgebracht. Man spielt mit- und nicht gegeneinander, deshalb immer auch der Austausch mit Huber, Keller und Co.
Neuerdings produzieren sie sogar auch Sekt. Aus einer verzwickten Situation heraus entstanden, werden die beiden von Mathieu Kaufmann unterstützt, vormals Kellermeister bei Buhl. Das Ziel ist (logischerweise) kein günstig produzierter Aperitif, sondern Sekt mit Lagencharakter und Tiefgang.

Zu dritt denkt es sich besser als allein.
Das war noch nicht alles
Hier nur ein paar besondere Empfehlungen aus dem erstklassigen Portfolio der Christmanns: Christmann Kaufmann Burgunder Cuvée 204: zuerst leise, unaufdringlich, fast staubig. Bergamotte, Brioche, Jod und Birne. Am Gaumen, vorwärts Marsch. Unglaubliche Spannung, kalkig, hell. Feine Perlage, Salin, viel Zitrus, etwas Hefe, nie zu karg. Das ist Deutsch? Wahnsinn!
Gimmeldinger Biengarten Spätburgunder 1G VDP. Erste Lage 2021: schlank, fein, leise. Etwas Cranberry, Schwarzkirsche und Pfeffer, fein rauchig reduktiv. Immer tänzelnd. Am Gaumen frisch, elegant, man merkt den Kalk. Feine Salzigkeit, immer in Balance mit Tannin und Extrakt. Ganz feine Klinge, absolut klasse, was hier in die Flasche gezogen wird. Unbedingt aber noch fünf Jahre dort lassen. Also in der Flasche.
Idig Riesling GG VDP. Große Lage 2012: Als wären 13 Jahre nichts. Fein kalkige Mineralität, Kräuter, weißer Pfirsich und Zesten, etwas Kamille und Grüntee. Die Nase verrät, warum deutscher Riesling den Stand hat, den er hat. Am Gaumen zart, kraftvoll und elegant. Ein Wein der Gegensätze, und trotzdem in beeindruckender Balance. Es geht nur anders, kaum aber besser.