Projekt Beschreibung

Das 5-Familienhaus in Wallenhausen, Landkreis Neu-Ulm (Bayern) ist das größte 3D-gedruckte Wohnhaus Europas. Insgesamt waren für das Projekt sechs Wochen Druckzeit veranschlagt. Es ist voll unterkellert und umfasst fünf Wohnungen auf drei Stockwerken mit rund 380 m2 Wohnfläche bieten. Quelle: PERI GmbH

Beim Hausbau bahnt sich eine Revolution an. Eigentlich ist sie schon längst im Gange. Vorgefertigte Betonbauteile hatten in den letzten Jahren bereits Bauzeit und -kosten erheblich verringert. Aber jetzt liefert Hausbau, der direkt aus dem 3D-Drucker kommt einen Quantensprung in puncto Geschwindigkeit, Materialersparnis und Effizienz. Denn mit Hilfe eines 3D-Betondruckers lassen sich Betonstrukturen ohne Schalung schnell und kostengünstig realisieren – bei großer Gestaltungsfreiheit. Dadurch eignet sich das Verfahren ideal als Ersatz für Ziegelkonstruktionen. Und darum investieren weltweit längst auch große Baukonzerne in 3D-Technologie. Denn was bisher nur für 1:100 Architekturmodelle perfekt war, passiert jetzt direkt 1:1 auf der Baustelle. Nur dass aus den beweglichen, computergesteuerten Düsen kein Kunststoff aufgetragen wird, sondern „Würste“ aus Spezialbeton.

Zukunft des Hausbaus: Rohbauten werden mittels 3D-Drucker erstellt.

Beim 3D-Portaldrucker BOD2 bewegt sich der Druckkopf über drei Achsen auf einem fest installierten Metallrahmen. Der Vorteil: Der 3D-Drucker kann sich beim Hausbau an jede Position innerhalb der Konstruktion bewegen und muss nur einmal kalibriert werden. Dies spart Zeit und Kosten. Während des Druckvorganges berücksichtigt er bereits die später zu verlegenden Leitungen und Anschlüsse für Wasser, Strom etc. Quelle: PERI GmbH

Geschwindigkeit ist keine Hexerei beim Hausbau mit 3D-Druck

Bis zu einem Meter pro Sekunde schaffen die modernsten Modelle der Beton-3D-Drucker derzeit. Und über „Building on Demand“-Testmodelle (BOD) ist die einschlägige Branche längst hinaus. Führend dabei sind bisher deutsche und US-amerikanische Unternehmen. In Deutschland entstand 2020 bereits Europas größtes 3D-gedruckte Vier-Familienhaus im Landkreis Neu-Ulm – baubehördlich „ganz normal genehmigt“, wie Yannick Maciejewski, Anwendungstechniker 3D-Betondruck der führenden deutschen PERI Group, betont. Angesichts der – vorsichtig ausgedrückt – sehr komplexen deutschen Baunormen bei solch einer neuen Technik sicher ein kleines Wunder.

Revolution im Hausbau: Boom des 3D-Druckers

 Das für den Druck des Hauses in Wallenhausen eingesetzte Material „i.tech 3D“ wurde von HeidelbergCement speziell für den 3D-Druck entwickelt. Bedient wird der Drucker von zwei Personen. Der Druckkopf und die Druckergebnisse werden per Kamera überwacht. Mit einer Geschwindigkeit von 1 m/s ist der BOD2 aktuell der schnellste 3D-Betondrucker auf dem Markt. Für 1 m² doppelschalige Wand benötigt der BOD2 rund 5 min. Quelle: PERI GmbH

Die inneren und äußeren Wände wurden allesamt gleichzeitigt „gedruckt“. Dabei sind Aussparungen für Fenster, Türen, Installationen inklusive. Der Drucker dafür stammt von der niederländischen Firma COBOD. „PERI und COBOD bauen die Zukunft“ ist das Motto dieser Kooperation. Sie verwendet weltweit die ersten Modelle der zweiten Generation der 3D-Drucker. Kaum zu glauben, dass man dazu in Zukunft nur zwei (!) Mitarbeiter auf der Baustelle brauchen wird und ein Erdgeschoss fünfmal so schnell realisieren kann? Warum das u.a. so ist erklären Maciejewski und Dr. Fabian Mexer-Brötz, Leiter der 3D Construction Printing bei Peri, in diesem Video:

Wie umweltfreundlich kann 3D-Druck beim Hausbau sein?

Obwohl bisher für den 3D-Betondruck beim Hausbau doppelt soviel Zementanteil benötigt wird, wie bei herkömmlichen Betonfertigteilen, kann sich die Umweltbilanz schon jetzt sehen lassen. Denn die Wände sparen durch ihre spezielle Konstruktion bereits jetzt schon bis zu 80% Material ein. Hinzu kommen u.a. wesentlich geringere Kosten für Energie, Logistik und Transport. Aber das ist längst nicht das Ende der Fahnenstange. Denn Forscher z.B. der TU München von der Fakultät Bau/Geo/Umwelt arbeiten längst an neuen Materialien und Konstruktionen für den 3D-Druck beim Hausbau. Diese sollen Umweltbilanz noch sehr viel mehr verbessern. Erfolgversprechend dabei sind besonders auch Mischungen mit umweltfreundlichen, recycelten oder Natur-Stoffen. Mit Bauschutt, Gips, Lehm, Reis und Hanf z.B. Außerdem könnten spezielle Strukturen der Wände Wärme- und Schalldämmung physikalisch sogar komplett überflüssig machen.

Dubai-Villa in 17 Tagen komplett gebaut dank 3D-Drucker

Weltweiter Rekordhalter in Bezug auf Wohn-/Nutzfläche und Komplexität beim privaten Hausbau ist bisher allerdings ein Wüstenstaat, der für architektonische Superlative nun wirklich kein Unbekannter ist. In Dubai entstand mit 3D-Druck eine zweistöckige Villa mit insgesamt 640 m2. Mit gerade einmal drei Bauarbeitern. Staatsziel ist, das Zentrum der 3D-Druck-Bauindustrie weltweit zu werden und in absehbarer Zeit ein Viertel aller Bauten so zu realisieren.

Volksrepublik China mit gigantischen 3D-Druck-Bauprojekten

Wenn man allerdings folgenden Videobeitrag über die Visionen des chinesischen Unternehmens Winsun bei der 3D Printing Global Press Conference 2020 sieht, erhält man einen spektakulären Eindruck, welch Potenzial diese Technologie in Zukunft haben wird. Denn hier wird in ganz anderen Dimensionen gedacht und geplant. In ganzen Stadtvierteln und Industriekomplexen z.B. „3D-Druck Architektur bringt eine Revolution im gesamten Bau-Bereich, die Design, Konstruktion, Ausrüstung, neue Materialien und Anwendung in ein neues System integriert“ (Zitat Winsun). Und das Ganze mit umweltfreundlichem und recyceltem Material, aus dem Winsun seine eigene erprobte 3D-„Tinte“ für Bauprojekte entwickelt hat.

NASA will mit 3D-Druck Wohnen auf Mond und Mars möglich machen

Während also sich auf der Erde ein zunehmend intensiver Innovations-Wettstreit in puncto 3D-Technologie für Bauten auf unserem Planeten entwickelt, denkt man in den USA bereits über diesen Horizont hinaus. Denn eine Expansion z.B. zu Mond und Mars ist nur dann sinnvoll, wenn sich dort Menschen länger aufhalten können. Voraussetzungen dafür sind Wasser – für das es sowohl auf dem Mond wie dem Mars starke Anhaltspunkte gibt – und Stationen die einen längeren Aufenthalt möglich machen. Konventionelle Baumaterialien und -maschinen dafür kann man allerdings nicht einfach da „hochschießen“. Aber Geräte, die aus dem Boden vor Ort Baumaterialien gewinnen können. Und 3D-Drucker, die diese dann für den Bau vor Ort (!) verwenden können. Dieser Vision folgen Unternehmen wie die US-amerikanische ICON:

NASA gleichzeitig arbeitet u.a. an Robotern, die aus Mond- oder Marsboden die entsprechenden Materialien gewinnen sollen, aus denen 3D-Drucker Gebäude und Interior für dauerhafte Stationen „dort oben“ bauen werden. Und nein, das ist längst keine „Science Fiction“ mehr. Das sind (endlich!) realistische Zukunftsperspektiven.

3D-Druck auf dem Bau hat Zukunft

Für uns Erdlinge „hier unten“ heißt es allerdings erst einmal gespannt sein, wie sich die 3D-Drucktechnik beim Hausbau technisch und wirtschaftlich weiterentwickelt. Architekten und Designer werden diese Technik wegen der Gestaltungsfreiheiten noch mehr lieben. Umweltschützer werden wegen des Potenzials, einen massiven Beitrag zur CO2-Reduzierung und Energieeinsparung leisten zu können begeistert sein. Und Bauträger und Häuslbauer werden sicher die Kosteneffizienz und Zeitersparnis mehr als spannend finden.

Der 3D-Druck des ersten Mehrfamilienhauses in Deutschland ist laut Thomas Imbacher – Geschäftsführer Marketing & Innovation der PERI Gruppe – der Beweis, dass diese Bautechnologie auch für den Druck größerer Wohnhäuser und Gebäude geeignet ist. Quelle: PERI GmbH

Wenn man Marktanalysten glauben darf, wird 3D-Drucktechnik bei Bauprojekten jedenfalls bald weit mehr als ein „Nischenphänomen“ sein. Denn der Bedarf wird stark wachsen. Das US-Marktforschungsinstitut Grand View Research rechnet jedenfalls damit, dass der Markt für Gebäude aus dem 3D-Drucker von 7,1 Millionen USD im Jahr 2020 auf 1,5 Milliarden USD im Jahr 2027 um mehr als das 200fache (!) wachsen wird.

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