Projekt Beschreibung

München | Ausgabe 71 | Frühling 2025 | Text: Rechtsanwalt Dr. Enno Engbers, München

Am 01.01.2025 ist eine lang erwartete Änderung in Kraft getreten: Das strenge Schriftformerfordernis im Gewerbemietrecht wurde gelockert. Künftig muss beim Abschluss und bei der Änderung von Gewerbemietverträgen nur noch die sogenannte Textform beachtet werden. Nachfolgend werden die Auswirkungen dieser Gesetzesänderung und mögliche Handlungsalternativen kurz dargestellt.

Bisherige Regelung: Schriftformerfordernis

Gemäß § 550, 126 BGB in Verbindung mit § 578 Abs. 2 BGB bedurfte ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wurde, der schriftlichen Form. Dies bedeutete u.a., dass sich der Vertragsinhalt aus einer einheitlichen Urkunde ergeben musste, die durch beide Parteien eigenhändig unterschrieben oder qualifiziert elektronisch signiert war. Dasselbe galt für spätere Nachträge und Ergänzungen zum Mietvertrag, die zudem eindeutig auf den Mietvertrag Bezug nehmen mussten. Ein Verstoß gegen das Schriftformerfordernis hatte zur Folge, dass die vertraglich vereinbarte Laufzeit nicht mehr galt und der Mietvertrag von beiden Parteien mit einer Frist von sechs Monaten zum Quartalsende gekündigt werden konnte. Schriftformmängel wurden in der Praxis daher gerne dazu genutzt, um langfristige Gewerbemietverträge vorzeitig zu beenden. In der Praxis wurde die Regelung daher seit langem kritisiert.

Neuregelung: Textformerfordernis

Der Gesetzgeber hat auf die Kritik reagiert und das Schriftformerfordernis für ab dem 01.01.2025 geschlossene Gewerbemietverträge durch das (weniger strenge) Textformerfordernis ersetzt. Dasselbe gilt für ab dem 01.01.2025 abgeschlossene Nachträge zu bereits bestehenden Mietverträgen. Auf letztere ist das Textformerfordernis ab dem 02.01.2026 anzuwenden. Dies bedeutet, dass ab diesem Zeitpunkt auch Altmietverträge nicht mehr unter Berufung auf einen Schriftformverstoß gekündigt werden können. Im Gegensatz zur Schriftform setzt die Textform nur noch voraus, dass der Vertragsinhalt auf einem dauerhaften Datenträger gespeichert ist. Der Vertrag muss nicht unterschrieben sein und sich auch nicht mehr aus einer einheitlichen Urkunde ergeben. Möglich ist damit auch ein Vertragsschluss zum Beispiel per Mail oder SMS.

Vor- und Nachteile der neuen Regelung

Vorteil der neuen Regelung ist sicherlich, dass die missbräuchliche Ausnutzung von Schriftformmängeln zur Beendigung langfristiger Mietverträge erschwert wird. Praktikabel ist auch, dass sich nicht mehr auf ein und derselben Urkunde die Originalunterschriften beider Parteien befinden müssen. Der Abschluss von Mietverträgen und Mietvertrags-Nachträgen wird dadurch erleichtert. Nachteilhaft ist jedoch, dass sich der Vertragsinhalt nunmehr unter Umständen aus einer Vielzahl von verschiedenen Dokumenten oder sogar Textnachrichten ergeben kann. Erwerber einer Immobilie sind daher nunmehr gezwungen, die gesamte Korrespondenz der Mietvertragsparteien auf darin enthaltene Vertragsänderungen zu prüfen oder sich vom Veräußerer umfassende Garantien zu den geltenden Mietvertragskonditionen abgeben zu lassen. Die Formerleichterung hinsichtlich des Vertragsschlusses wird daher mit einer größeren Intransparenz hinsichtlich des vereinbarten Vertragsinhalts erkauft.

Mögliche Handlungsalternativen

Vertragsparteien, die am in der Praxis etablierten bisherigen System festhalten wollen, ist zu empfehlen, in neuen Gewerbemietverträgen und Nachträgen zu Altmietverträgen künftig freiwillig das Schriftformerfordernis zu vereinbaren. Für den Fall eines Verstoßes gegen die Schriftform könnte als Rechtsfolge anstelle der Kündbarkeit die Pflicht vorgesehen werden, den Schriftformverstoß durch eine entsprechende formgerechte Urkunde zu heilen. Zwar wurden derartige sogenannte Schriftform-heilungsklauseln von der Rechtsprechung bislang für unwirksam gehalten. Bei einer lediglich freiwillig vereinbarten Schriftform dürfte es hingegen zulässig sein, dass die Parteien neben den Voraussetzungen auch die Rechtsfolgen eines Schriftformverstoßes vertraglich selbst bestimmen. Dies eröffnet ganz neue Gestaltungsspielräume, die es zu nutzen gilt.

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