Projekt Beschreibung

Die Villa Tugendhat (1929/30) in Brünn gilt als eines der Hauptwerke von Mies van der Rohe. Quelle: Villa Tugendhat Museum, David Židlický

Der deutsch-amerikanische Architekt und Designer Mies van der Rohe gilt als Wegbereiter der modernen Architektur und Pionier des Minimalismus und International Style. Man könnte auch sagen, das Motto „Weniger ist mehr“ wurde von ihm maßgeblich geprägt. Wie zeitlos seine Bauwerke und Möbelentwürfe sind, zeigt ein Blick auf seine herausragensten Projekte. Bis heute ist seine Formsprache unübertroffen und seine Architektur wirkt moderner denn je.

1908: Sechs Assistenten von Peter Behrens am Arbeitsplatz: (von li.) Mies van der Rohe, Meyer, Hertwig, Weyrather (dahinter), Krämer, Gropius (mit Plan). Quelle: Wikipedia, C. Arthur Croyle: Hertwig: The Zelig of Design. Culicidae Press, 2011, S. 102.

1908: Sechs Assistenten von Peter Behrens am Arbeitsplatz: (von li.) Mies van der Rohe, Meyer, Hertwig, Weyrather (dahinter), Krämer, Gropius (mit Plan). Quelle: Wikipedia, C. Arthur Croyle: Hertwig: The Zelig of Design. Culicidae Press, 2011, S. 102.

Mies van der Rohes Wurzeln im Handwerk

Mies van der Rohe (eigentlich: Maria Ludwig Michael Mies) wurde am 27. März 1886 als jüngster Sohn einer Steinmetzfamilie in Aachen geboren († 17. August 1969 in Chicago). Die Wurzeln im Handwerk hat er mit einigen anderen zeitgenössischen Architektur- und Designergrößen wie dem Dänen Arne Jacobsen gemeinsam. Seine eigentliche Karriere begann 1908 im einflussreichen Atelier von Peter Behrens, wo Mies van der Rohe neben zwei anderen Vertretern der Moderne, Walter Gropius und Le Corbusier, arbeitete.

Mies van der Rohe und der Minimalismus in der Architektur

Mies van der Rohe wurde als wichtigster Vertreter des Minimalismus in der Architektur berühmt. Mit seinem Credo „Weniger ist mehr“ stellte er sich gegen die damals vorherrschende Bauphilosophie „geschlossener“ Räume. Große Glasflächen sollten Innen und Außen verschmelzen lassen, die Grenze zwischen dem Inneren und dem Äußeren des Gebäudes auflösen. Auch damit war er seiner Zeit weit voraus.

Eines der wohl modernsten und zugleich radikalsten Wohnhäuser seiner Zeit errichtete Mies van der Rohe 1929/30 in Brünn. Die eindrucksvolle Villa Tugendhat ist bis heute eines seiner bekanntesten Bauten in Europa und gilt als ein Meilenstein der modernen Architektur. Perfektionissmus, Qualität und Design sind hier an die Spitze getrieben. Riesige Glasfassaden lassen sich scheinbar unsichtbar in den Boden versenken, die Wohnräume sind verbunden und doch getrennt und die Auswahl an edlen Materialien lässt den Betrachter noch heute staunen.

Mustersiedlung Am Weißenhof („Weißenhofsiedlung“) Stuttgart/Killesberg, 1927. Erbaut von Mies van der Rohe.

Mustersiedlung Am Weißenhof („Weißenhofsiedlung“) Stuttgart/Killesberg, 1927. Foto: Wikimedia Commons, © Shaqspeare 2005

Mies van der Rohe als Pionier moderner Architektur

Dank der von Mies van der Rohe entwickelten Tragstrukturen aus Stahl wurde überhaupt erst die großflächige Verglasung von Fassaden möglich, die wir heutzutage von so vielen Großprojekten und Wolkenkratzern kennen. Auch das Konzept der heute wieder so angesagten offenen Grundrisse und ineinander übergehenden Wohnräume geht zum Beispiel auf einen Entwurf von Mies van der Rohe zurück (1924: Studie des „Landhaus in Backstein“).

Auch bei seinem ersten umfangreicheren Projekt, vier Mehrfamilien-Wohnhäusern an der Afrikanischen Straße in Berlin-Wedding (1927), erwies sich Mies van der Rohe als Vorläufer von Bautechniken, die heute gang und gäbe sind: Er verwendete nämlich damals schon vorfabrizierte Normbauteile um Baukosten zu senken. Durch die offene Gruppierung der Baukörper sorgte er zudem für gute Belichtung und Belüftung der Wohnungen.

Die 1920er Jahre beendete er mit seinem Vorschlag für das Hochhaus Friedrichstraße in Berlin. Das war ein (nicht realisierter) Ganzglasturm, der seinen Ruhm innerhalb der architektonischen Avantgarde zementierte. Krönender Abschluss war der „Barcelona-Pavillon“ für Deutschland auf der Weltausstellung in der katalanischen Hauptstadt 1929. Er ist eines seiner bekanntesten und beliebtesten Werke.

Der „Barcelona-Pavillon“ von Mies van der Rohe auf der Weltausstellung 1929 sollte durch seine Neuartigkeit und Präzision die Leistungsfähigkeit der deutschen Industrie und des Handwerks symbolisieren. Fotos: Wikimedia Commons, © Canaan 2008 (li.), © Vicens 2006 (re.)

1930 löste Mies van der Rohe Hannes Meyer als Direktor des Bauhauses ab. Er leitete diese Architektur- und Design-Legende, mit der er am meisten in Verbindung gebracht wird, bis zu ihrer – durch zahlreiche gewaltsame Übergriffe und Verhaftungen erzwungenen – Schließung durch die Nazis.

Rekonstruierte Fassade des Bauhauses in Dessau. Foto: Wikimedia, © Aufbacksalami 2018.

Rekonstruierte Fassade des Bauhauses in Dessau. Foto: Wikimedia, © Aufbacksalami 2018.

1932 bildete das Werk von Mies einen Eckpfeiler der von Philip Johnson und Henry-Russell Hitchcock kuratierten Ausstellung „The International Style“ im Museum of Modern Art in New York. Damit wurde diese völlig neue, ganzheitliche Bau- und Lebensphilosophie  bei einem breiten, internationalen Publikum bekannt. Und nicht nur das: Mies van der Rohes selbst wurde als Kopf dieser Bewegung weltberühmt.

Portait Ludwig Mies van der Rohe

Der Mies van der Rohe Businesspark in Krefeld geht auf Entwürfe rund um Mies van der Rohe zurück. 1937/39 plante er das Hauptverwaltungsgebäude, dass jedoch nie realisiert wurde. Seine Entwürfe gelten heute als Inspiration für den Campus des bekannten Illinois Institute of Technology in Chicago. Quelle: Mies van der Rohe Business Park, 2018.

Eingangsbereich der Crown Hall des „New Bauhaus“, wie das Illinois Institute of Technology (IIT) auch genannt wurde. Entworfen von Mies van der Rohe, fertiggestellt 1956.

Eingangsbereich der Crown Hall des „New Bauhaus“, wie das Illinois Institute of Technology (IIT) auch genannt wurde. Entworfen von Mies van der Rohe, fertiggestellt 1956.

Nach der Eliminierung des Bauhauses in Deutschland durch die Nazis waren progressive Kräfte wie Bauhaus-Architekten, -Designer und -Studenten ihres Lebens nicht mehr sicher. Ganz zu schweigen davon, dass Mies van der Rohe in dem zunehmend vergifteten gesellschaftlichen Klima immer weniger Aufträge erwarten durfte. Deshalb entschloss er sich 1937 zur Emigration in die Vereinigten Staaten. Er ließ sich sich in Chicago nieder und wurde Leiter des Illinois Institute of Technology (IIT) wurde.

Seagram Building, New York City 1958, von Mies van der Rohe

Seagram Building, New York City 1958, von Mies van der Rohe. Foto: Wikimedia Commons, © Steve Cadman 2005

Während seiner 20-jährigen Tätigkeit am IIT entwickelte Mies das, was als „zweite Chicagoer Schule der Architektur“ bekannt wurde, einen Stil vereinfachter, geradliniger Hochhäuser, für den Projekte wie 860-880 Lakeshore Drive und das Seagram Building beispielhaft sind. Typisch für die gestalterische Konsequenz Mies van der Rohes: Er verfügte, dass die Jalousien des Seagram Bulidings einheitlich bleiben mussten, also nie durch andere Modelle ersetzt werden durften.

Neben diesen neuen Hochhaustypen entwickelte er auch seine niedrig gehaltene – bereits beim Barcelona-Pavillon erprobte – Pavillon-Typologie weiter. Das 1951 fertiggestellte, völlig transparente Farnsworth House gilt als herausragendes Beispiel dafür.

Farnsworth House: Landhaus südlich der Stadt Plano in Illinois. Von Mies van der Rohe 1945 bis 1951 entworfen und errichtet.

Farnsworth House: Landhaus südlich der Stadt Plano in Illinois. Von Mies van der Rohe 1945 bis 1951 entworfen und errichtet. Foto: Wikimedia Commons: © Marco 2000

Das letzte Meisterwerk Mies van der Rohes

Anfang der 1960er-Jahre bekam Mies van der Rohe vom Senat (West-)Berlins das Angebot für die Planung der Neuen Nationalgalerie im Kulturforum am Kemperplatz. Trotz zunehmender gesundheitlicher Probleme arbeitete er intensiv an diesem Auftrag und reiste mehrere Male zur Besichtigung der Baustelle nach Berlin. An der Eröffnung 1968 konnte er allerdings nicht mehr teilnehmen. Die Neue Nationalgalerie gilt als weiteres Meisterwerk. Sie steht am Ende einer Reihe von Bauten und Projekten, mit denen Mies van der Rohe den stützenlosen, eingeschossigen Hallenraum thematisierte.

Die Neue Nationalgalerie in Berlin, Architekt Mies van der Rohe.

Die Neue Nationalgalerie in Berlin, Architekt Mies van der Rohe. Eröffnet 1968. Sie gilt als Ikone der Klassischen Moderne. Aufgrund umfangreicher Sanierungsarbeiten ist sie seit 2015 geschlossen. Die Wiedereröffnung ist für den 21. August 2021 geplant. Foto: Wikimedia Commons, © Manfred Brückels 2010 

Auszeichnungen für Mies van der Rohe

  • Internationaler Antonio-Feltrinelli-Preis (1953)
  • Pour le mérite für Wissenschaft und Künste (1957)
  • Großes Bundesverdienstkreuz (1959)
  • Presidential Medal of Freedom der Vereinigten Staaten von Amerika (1963)
  • Goldmedaille des Royal Institute of British Architects (1959)
  • Goldmedaille des American Institute of Architects (1960)
  • Großer BDA-Preis des Bundes Deutscher Architekten (1966)
  • Ehrenmitglied der American Academy of Arts and Sciences (1956)
  • Ehrenmitglied der Akademie der Künste Berlin (1957)
  • Ehrenmitglied der Académie d’Architecture Paris (1959)
  • Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Braunschweig (1950)
  • Ehrendoktorwürde der Technischen Hochschule Karlsruhe (1950)
  • Ehrendoktorwürde der North Carolina State University (1956)
  • Berliner Kunstpreis (1961)
  • Mitglied der American Academy of Arts and Letters (1961)
  • Kultureller Ehrenpreis der Landeshauptstadt München (1963)

30.03.2021 (Klaus Dörre)

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